SYNERGIEN

Wachstum der biomedizinischen Forschung im Tessin und Ankunft eines Fonds für die klinische Prüfung

Donnerstag, 24. Juni 2021 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana

Präsentation des neuen «Forschungsfonds EOC-USI», der versuchen wird, die Studien direkt in den Strukturen des EOC zu unterstützen. Die Ankündigung am Ende des Zehnten Tages der Forschung
von Paolo Rossi Castelli

Die Zusammenarbeit zwischen der Università della Svizzera italiana und dem Ente ospedaliero cantonale geht in die nächste Runde und ruft einen neuen Fonds zur Finanzierung der klinischen Forschung ins Leben: Direkt am Bett des Patienten, was wegen verschiedener Gesetzeslücken (und Paradoxe) nicht aus den herkömmlichen Einnahmequellen der Krankenhäuser, LAMal und kantonalen Steuern, finanziert werden kann. Dieses Geld darf nämlich in der Schweiz «ausschliesslich» zur Behandlung der Patienten, und nicht auch für die Forschung verwendet werden. Der neue, am 25. Juni im Rahmen einer Pressekonferenz am Ende des «Zehnten Tages der Forschung in Humanmedizin» angekündigte Fonds möchte für dieses Problem eine Lösung finden oder es zumindest versuchen. 

Der neue Forschungsfonds, mit dem offiziellen Namen «Fondo per la ricerca EOC-USI» (dt. Forschungsfonds EOC-USI), wird von der Stiftung für Forschung und Entwicklung der USI verwaltet, also einer vom EOC externen Behörde. Im Rahmen des EOC werden zu finanzierende Projektvorschläge erstellt, die dann von einem speziell eingerichteten Gremium untersucht werden. Für besonders interessant befundene Vorschläge werden dann an ein Fachteam weitergeleitet, das sich mit der tatsächlichen Suche nach den Finanzmitteln befasst. Woher kommt das Geld? Vor allem aus privaten Einrichtungen, von Unternehmen, Spendern – wurde während der Pressekonferenz erläutert. Das Fachteam des Fonds begeht auf professionelle Weise alle möglichen Wege, um Geld zu sammeln, denn – wie Boas Erez, Rektor der USI, erläutert – die Suche nach Geldmitteln ist ein richtiger Beruf.

Und tatsächlich versucht das EOC bereits seit vielen Jahren, diesen Weg zu beschreiten, noch bevor letzten Herbst der Master in Medizin an der USI anlief. 2017 wurde zu diesem Zweck ein entsprechendes Fundraising-Projekt gestartet. Nun aber schreitet auch die Universität persönlich ein. «Die USI und das EOC haben sich zu einer strategisch strukturierten Zusammenarbeit entschlossen, um mehr Wirkung zu erzielen, denn der Bedeutung der Forschung für die Verbesserung der Qualität und der Sicherheit der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sind sich alle bewusst» - wie Glauco Martinetti, Generaldirektor des EOC, betont. «Seit vielen Jahren betreibt das EOC eine wichtige klinische Forschungsaktivität – so Alain Kaelin, medizinischer und wissenschaftlicher Leiter des Neurocentro della Svizzera Italiana. – Als die Zusammenarbeit mit der USI begonnen hat und die Fakultät für biomedizinische Wissenschaften ihren Betrieb aufgenommen hat, wurde deutlich, dass Bedarf an Mitteln herrschte, um die klinische Forschung in der italienischen Schweiz noch weiter zu konsolidieren und zu entwickeln.» 

Bisher wurden aus dem mit rund einer Million Franken dotierten neuen Fonds drei Projekte finanziert. Aber in den nächsten Monaten müssen deutlich höhere Beträge gesammelt werden. Diese «Jagd» (zu guten Zwecken...) geht Hand in Hand mit der Nutzung auch der weiteren klassischen Finanzquellen der Schweizer Forschung: Der Schweizerische Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung, dem wir einen beträchtlichen Teil der biomedizinischen Forschungsaktivität zu verdanken haben, sowie Innosuisse, die Fördermittel der EU und viele mehr. Aber man muss auch sehen, dass ein Grossteil dieser Mittel in die Grundlagenforschung fliesst, also in die Forschung im Labor und nicht direkt am Bett des Patienten. Der neue «Forschungsfonds EOC-USI» hingegen hat ausnahmslos auf die Klinik im Visier.

DER TAG DER FORSCHUNG - Die Ankündigung der Einrichtung des Fonds kam, wie erwähnt, am Ende des Tages der Forschung in Humanmedizin: Eine wichtige Veranstaltung, bei der in der Aula Magna des Campus est USI-SUPSI in Viganello (und zum Teil auch online) die verschiedenen Vertreter der Institutionen und Behörden vertreten waren, die sich mit der biomedizinischen Forschung in der italienischen Schweiz befassen. Es war kein einfaches Unterfangen, sie alle unter einen Hut zu bekommen, denn schliesslich handelt es sich um einen derzeit stark expandierenden Sektor, der hinsichtlich Herkunft, Grösse und wissenschaftlicher «Gewichtung» stark fragmentiert ist. 

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Im Laufe des Tages wurden zahlreiche Studien vorgestellt, die von den Forschern in der italienischen Schweiz durchgeführt wurden. «Wir haben 160 Abstracts (also Zusammenfassungen) wissenschaftlicher Studien erhalten – erklärt Professor Giorgio Treglia, Koordinator des Service für Forschung und Innovation des EOC: Für derartige Veranstaltungen von uns eine Rekordzahl. Ein Gremium hat sie gewissenhaft bewertet und 22 davon für den 8-minütigen mündlichen Vortrag während der Hauptsitzung (weitere 4 Minuten für die Diskussion) ausgewählt. Viele weitere Abstracts hingegen wurden mit Flash-Vorträgen je 3 Minuten präsentiert. Und schliesslich haben wir auch zahlreiche kommentarlose „Poster“ online veröffentlicht.» 

Aber wieviel wird von den Forschern der italienischen Schweiz in den internationalen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht? Dazu gibt es keine offizielle Statistik. Basierend auf dem für Ticino Scienza von Gian Pietro Pisanu gepflegten Archiv waren es im Zeitraum März 2020 bis März 2021 ganze 900 Studien, die von mindestens einem im Tessin «ansässigen» Forscher unterzeichnet waren. Für einen Kanton mit 350.000 Einwohnern eine sehr hohe Zahl. «Diese Zahlen überraschen mich nicht – sagt Professor Treglia. – Beschränken wir uns allein auf die Daten bezüglich des EOC (von denen ich direkt Kenntnis habe), sehen wir, dass die Forscher des EOC 2020 514 Arbeiten veröffentlicht haben, verglichen mit 2019 ein Anstieg um 43%.» Wie kam es dazu? «Es gibt verschiedene Erklärungen – so Treglia weiter. – Zwei davon möchte ich an dieser Stelle erwähnen: Die sehr positive „Funktion“ der Fakultät für biomedizinische Wissenschaften der USI, die zahlreiche Ärzte, Biologen, Pfleger dazu veranlasst hat, sich in der Forschung zu engagieren (was auch zum Erhalt akademischer Auszeichnungen erforderlich ist), sowie die neuen Studiensparten, angefangen bei Covid, in denen die Forscher der italienischen Schweiz auch mit höchst anerkannten Veröffentlichungen besonders aktiv sind.» Kurzum, Covid hat in der Versorgung der Kranken für viele Probleme gesorgt, aber auch einen wahren Forschungs-Boom ausgelöst.