immunologie

Jagd auf die «mysteriösen» Mechanismen, die autoimmune Hepatitis auslösen

Freitag, 14. Februar 2020 ca. 6 Minuten lesen In lingua italiana

Neue Studien am IRB in Bellinzona, durchgeführt von Benedetta Terziroli und Federica Sallusto. Ausserdem wird Lugano in den kommenden Monaten Gastgeber des dritten Swiss Autoimmune Liver Disease Meeting mit der Teilnahme internationaler Experten sein
von Michela Perrone

Die Welt der Hepatitis ist breit gestreut: Dabei gibt es nicht nur die viralen Formen (die bekanntesten sind A, B und C). Weniger bekannt, aber genauso wichtig sind die Autoimmun-Formen, bei denen die Entzündung der Leber durch einen Defekt des Immunsystems bedingt ist. Eben diese stehen im Mittelpunkt beim dritten Swiss Autoimmune Liver Disease Meeting, das ursprünglich am 13. und 14. März in Lugano stattfinden sollte – und wegen der Coronakrise um einige Monate verschoben wurde (der neue Termin steht noch nicht fest). Organisiert wird der Kongress von der von Professor Andrea Cerny geleiteten Stiftung Epatocentro Ticino in Kooperation mit dem Forschungsinstitut für Biomedizin in Bellinzona. «Der zweitägige Kongress wird sich im Allgemeinen mit den Autoimmunerkrankungen der Leber befassen – erklärt Benedetta Terziroli Beretta-Piccoli, Fachärztin am Epatocentro Ticino und an der Stiftung Epatocentro in Lugano, die in die Organisation des Kongresses aktiv eingebunden ist. – Es gibt drei klassische Formen: Die autoimmune Hepatitis, die das Lebergewebe betrifft, die primär biliäre Cholangitis (PBC) und die primär sklerosierende Cholangitis (PSC), die hingegen die Gallengänge betreffen. Zu diesen drei klassischen Formen kommt noch die Cholangiopathie IgG4 hinzu.» Der alle zwei Jahre stattfindende Kongress steht, wie bereits erwähnt, vor seiner dritten Ausgabe. «Ziel ist es, immer besser zu werden – so die Organisatorin. – Wir haben klein angefangen, sind aber gewachsen und haben jetzt auch hochkarätige Redner, die von ausserhalb der EU kommen. Ausserdem werden dieses Jahr erstmalig auch die Patientenverbände anwesend sein, die wir immer stärker einbinden möchten.» Man unterscheidet zwei Versionen autoimmuner Hepatitis: «Typ 2 ist extrem selten und betrifft vor allem Kinder oder Jugendliche – so Terziroli Beretta-Piccoli. – Er ist aggressiver, spricht aber sehr gut auf die Behandlung an. Typ 1 hingegen ist häufiger und betrifft sowohl Kinder als auch Erwachsene.» Es handelt sich jedoch stets um seltene Krankheiten mit einer Inzidenz von 1-2 pro 100.000 Personen. Wie bei jeder Immunerkrankung ist die weibliche Bevölkerung besonders betroffen: «Drei Viertel der Patienten sind Frauen – bestätigt Terziroli Beretta-Piccoli. – Es gibt zwei Krankheitsspitzen, eine im Jugendalter, eine im Alter zwischen 40-45 Jahren.»

Die Ursachen Die Ursachen der autoimmunen Hepatitis sind unbekannt, aber man unterscheidet einige Risikofaktoren. So fällt beispielsweise die genetische Komponente ins Gewicht. Und auch manche Arzneimittel können schädlich sein: «Die Rede ist vor allem von Antibiotika wie Nitrofurantoin, das bei Harnwegsinfektionen verwendet wird, und Minocyclin, das zur Aknebehandlung von Jugendlichen eingesetzt wird – so die Expertin weiter. – Auch tut sich eine Verbindung mit den Anti-Tnf-alpha auf, biologische Arzneimittel, die bei rheumatologischen Erkrankungen oder anderen Autoimmun-Erkrankungen wie Entzündungskrankheiten des Darms oder bei gewissen Hautproblemen eingesetzt werden. Diese Moleküle, die eigentlich Immunsuppressiva sind, können paradoxerweise die autoimmune Hepatitis auslösen. Selten, aber man muss es auf dem Schirm haben.» Und schliesslich kann die autoimmune Hepatitis durch die Exposition einiger Viren ausgelöst werden: «Die Verbindung mit Hepatitis C ist gut dokumentiert – sagt Terziroli Beretta-Piccoli – aber auch mit häufigeren Viren wie dem Cytomegalovirus oder dem Varizella-Zoster-Virus.»

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Therapien und Schwangerschaft Bei der autoimmunen Hepatitis handelt es sich stets um chronische Krankheiten und 80% der Patienten müssen ein Leben lang Medikamente nehmen. Die Standardtherapie (bestehend aus Cortison und Azathioprin) hat eine 90%-ige Wirksamkeit und ermöglicht eine gute Lebensqualität. Laut Literatur ist die medikamentöse Therapie in 10% der Fälle ohne Erfolg und es muss eine Transplantation erfolgen (da die schwere autoimmune Hepatitis schliesslich zur Zirrhose führt). «Die Patienten müssen engmaschig überprüft werden, man erstellt häufig Blutbilder und überwacht den Verlauf der Krankheit – erklärt die Expertin. – Befindet sich der Betroffene in gewissenhafter Behandlung, kann er gut mit der Krankheit leben.» Dabei ist die Erfahrung des behandelnden Arztes von entscheidender Bedeutung: «Auch Schwangerschaften können gut begleitet werden, vorausgesetzt der Arzt ist entsprechend kompetent und steht in engem Kontakt mit der Patientin – so Terziroli Beretta-Piccoli weiter. – Sowohl Cortison als auch Azathioprin dürfen in der Schwangerschaft verschrieben werden, während Mycophenolat teratogen ist und Fehlbildungen des Embryos verursachen kann.» Der Dialog zwischen Arzt und Patienten ist von enormer Bedeutung: «Besteht die Möglichkeit einer Schwangerschaft der Patientin, ist es besser, Mycophenolat nicht zu verordnen. In diesem Sinne ist eine Planung der Schwangerschaft erforderlich. Ein weiterer Aspekt, den es zu berücksichtigen gilt, ist eine Akutisierung der Krankheit nach der Geburt: «Während der Schwangerschaft kommt es zu einer natürlichen Immunsuppression, die jedoch mit der Geburt des Kindes abrupt endet – erklärt Terziroli Beretta-Piccoli. – Nach der Geburt muss man folglich mit einem hepatitischen Flare (einem Aufflammen der Erkrankung, Anm. d. Red) rechnen: Man muss das Blutbild der Frau gut überwachen und die Medikamentendosierung ggf. steigern, um sie danach schrittweise wieder zu senken. Wenn man diese Aspekte kennt und weiss, wie man damit umzugehen hat, dann ist eine problemlose Schwangerschaft sicherlich möglich.»

Die Forschung im Kanton Tessin «Die Wirksamkeit der Standardtherapie geht aus Studien aus den Siebziger Jahren zurück und mittlerweile sind wir in der Lage, die Medikamente so zu dosieren, dass die Nebenwirkungen minimiert werden», versichert Terziroli Beretta-Piccoli. Auch wenn die Therapien in 90% der Fälle funktionieren, ist leider noch wenig über die Mechanismen bekannt, die zur Autoimmunität führen. Seit ein paar Wochen wird am Forschungsinstitut für Biomedizin (IRB) in Bellinzona, einer Zweigstelle der Università della Svizzera italiana, genau dieser Aspekt erforscht. «Ziel ist es, gezieltere Therapien zu finden: Die Arzneimittel, die wir derzeit verwenden, funktionieren, sind aber nicht speziell für diese Krankheit personalisiert – betont Terziroli Beretta-Piccoli. – Ich habe mir von der klinischen Tätigkeit am Epatocentro Ticino eine kleine Auszeit genommen und bin am IRB für eine für mich sehr wertvolle Zusammenarbeit mit Professorin Federica Sallusto, die im Bereich der Untersuchung der Mechanismen, die zur Autoimmunität führen, insbesondere der Rolle der T-Lymphozyten, eine grosse Erfahrung mitbringt.» Es scheint, als hätten diese Zellen eine zentrale Rolle bei der Erkennung des Antigens, das die Bildung der Auto-Antikörper anregt: «Schutzschilde», die sich gegen eine Struktur des eigenen Körpers richten, anstatt Ausseneinflüsse zu bekämpfen. «Wir möchten verstehen, welche Merkmale diese T-Lymphozyten haben und welche Mechanismen zur Erkennung eines Autoantigens führen und die körpereigene Abwehr zur Reaktion gegen normale Proteine veranlassen. Die Vorab-Ergebnisse könnten möglicherweise bereits auf dem Kongress in Lugano präsentiert werden», so die Forscherin abschliessend.

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