materialien und technologien

Elektrische Energie? Erzeugen wir sie mit Solarplatten (und verkaufen wir sie an unsere Nachbarn...)

Freitag, 5. März 2021 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana

Positive Bilanz einer Versuchsreihe des Instituts für angewandte Nachhaltigkeit für die gebaute Umwelt (ISAAC der SUPSI). «Der Zugang zur Energie wird demokratischer», erklärt Professor Roman Rudel
von Michela Perrone

Es gibt einen Ort in der Schweiz, an dem Elemente für die Städte der Zukunft erdacht und entworfen werden. Stadtviertel mit niedrigen Emissionen, nachhaltige Mobilität und Gebäude, die in der Lage sind, einen Grossteil ihres Energiebedarfs selbst zu decken. Dieser Ort ist das Institut für angewandte Nachhaltigkeit für die gebaute Umwelt (ISAAC) der SUPSI, der Scuola universitaria professionale della Svizzera italiana.
«Vor fast 40 Jahren wurde hier die erste 10-kW-Photovoltaikanlage mit Anschluss ans europäische Stromnetz installiert – erzählt Roman Rudel, der das Institut seit 2008 leitet. – Zur damaligen Zeit war das ein richtiges Pionierprojekt und in den ersten Jahren des Betriebs ging es hauptsächlich um die Charakterisierung der PV-Module, also um die Messung ihrer Leistung und Effizienz, die Überprüfung der witterungsabhängigen mechanischen Belastung und die Bewertung ihrer Lebensdauer». Bis heute werden diese Tests am ISAAC vorgenommen, das über das einzige dafür nach ISO 17025 akkreditierte Labor der Schweiz verfügt. 

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Die direkte Weiterentwicklung dieser Tätigkeiten betrifft die gebäudeintegrierte Photovoltaik: Seit 2005 befasst sich das ISAAC nicht nur mit auf Dächern, sondern auch an Hauswänden montierten Platten. «Es handelt sich um Module der neuesten Generation – so Rudel – mit optisch ansprechenden Merkmalen. Ingenieure und Architekten arbeiten zusammen, um sie ansprechend und funktional zu konzipieren und in die Fassaden zu integrieren». Eine grosse Herausforderung, die den Baunormen, den technischen Anforderungen und ästhetischen Ansprüchen Rechnung tragen muss. «Die Unterbringung der PV-Module an den Wänden bedeutet eine Vergrösserung der energieerzeugenden Oberfläche – so Rudel. – Dank der neuen Materialien sind wir in der Lage, Fassaden aus bearbeitetem Glas oder farbige Fassaden zu gestalten, welche die Platten „verbergen“. Eine beachtliche Herausforderung, die aus Sicht der Forschung eine der Säulen des Fortschritts darstellt». 

EIN INTELLIGENTES STROMNETZ - Ausserdem befasst sich das Institut seit rund zehn Jahren auch mit Smart Grids, intelligenten Sensoren, welche Daten sammeln und die Verteilung der elektrischen Energie optimieren. Die Photovoltaik selbst ist der Grundstock des Problems. Der Nutzer kann seine «eigene» Energie erzeugen, sie verbrauchen und den Überschuss ins Stromnetz einspeisen. «Die Balance zwischen Angebot und Nachfrage wird immer komplexer – erklärt Rudel. – Das Angebot hängt vom Wetter ab und liegt somit ausserhalb unseres Einflussbereichs, aber die Nachfrage haben wir in der Hand». Die Forscher versuchen also, die Nachfrage basierend auf dem von der Sonne gelieferten Angebot zu steuern. «Es handelt sich um Algorithmen – so Rudel weiter – die den Fluss automatisch regeln, und dabei die Vorhersagen für Verbrauch, Erzeugung und Ist-Situation berücksichtigen». Gleichzeitig ermöglicht das System die Erkennung etwaiger Störungen und hält das Netz im korrekten Spannungs- und Energiebereich (Range). Ausserdem kann der Betreiber durch die erfassten Daten das Netz im Hinblick auf den Bedarf der Nutzer optimieren.

Diese Technologie ist bereits auf dem Markt: Die Energiestrategie der Schweiz sieht einen graduellen Ausstieg aus der Atomenergie zugunsten der erneuerbaren Quellen vor, und mit dem Ersatz alter Stromerzeugungsanlagen durch neue kommt es nach und nach zu einer zunehmenden Verbreitung der Smart Grids. «Die Kontrolle ist über das gesamte Netz, aber auch auf einen Stadtteil oder einen einzelnen Haushalt beschränkt möglich», erläutert Rudel.

Vor drei Jahren hat das ISAAC das Start-up Hive Power gegründet, das sich mit der Erbringung von Dienst- und Beratungsleistungen für Unternehmen befasst, während das Institut der SUPSI die Forschungsarbeit fortsetzt. Und wie reagieren die Bürger auf all diese Innovationen? «Seit ein paar Jahren haben wir in der Nähe von Lugano ein Pilotprojekt gestartet, eine Selbstversorger-Gemeinschaft – so der Leiter des ISAAC. – Hier kann eine begrenzte Anzahl an Nutzern den im Überschuss erzeugten Strom direkt an die Nachbarn verkaufen. Wir haben diesen Versuch speziell entwickelt, um die Verfügbarkeit des Nutzers auf diese Art der Innovation zu untersuchen und um intelligente Systeme für die Optimierung der elektrischen Verteilung zu testen. Der lokale Verbrauch ermöglicht eine Ersparnis im Vergleich zum Einkauf der hier erzeugten, aber in das Netz wieder eingespeisten und dann vom Endverbraucher erworbenen Energie. Momentan ist die Reaktion gut, nicht zuletzt angesichts des wirtschaftliches Anreizes durch die Ersparnis und des stets garantierten Komforts des Versuchsnetzes. 

«Ich denke, dass wir in ein paar Jahren in eine neue Phase der Energieerzeugung eintreten, in der die Verbraucher-Erzeuger (die sogenannten Prosumer) die Hauptakteure der wesentlichen Wende sein werden – prognostiziert Rudel. – Ich glaube, dass der Zugang zur Energie in den nächsten 20-30 Jahren demokratischer wird, da sie unter den Bürgern besser verteilt wird und sich nicht mehr in Händen weniger Betreiber befindet. Eine kulturelle Zeitenwende, die bereits heute zu keimen beginnt».


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