PROSTATA

Ein Algorithmus zur Erkennunggealterter Krebszellen, die Metastasen bilden

Samstag, 18. Juni 2022 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana

In der Zeitschrift Nature Communications die Ergebnisse einer am IOR durchgeführten Studie, die den Weg für neue Therapien ebnet, um Krebsrezidiven zu verhindern. In der Zukunft wird sie auch im Kampf gegen das Altern helfen
von Elisa Buson

 

Hat er weisses Haar? Trägt er eine Brille? Trägt er einen Hut? Wenn Sie schon einmal „Wer ist es?“ gespielt haben, werden Sie genau wissen, dass Sie, um die auf die Karten gezeichneten Personen zu erraten, ihr Identikit genau definieren und die einzigartigen Merkmale, die sie voneinander unterscheiden identifizieren müssen. Dasselbe ist zu tun, wenn es sich darum handelt, einen bestimmten Zelltyp unter den vielen, die in einem Tumor vorhanden sind, zu identifizieren. Insbesondere eine durch Therapien „gealterte“ Zelle zu erkennen, die zwar noch lebt, sich jedoch nicht mehr vermehren kann, ist wie die Nadel im Heuhaufen zu suchen: Ein schwieriges, aber entscheidendes Unterfangen, wenn man verhindern will, dass die Krankheit Rezidiven verursacht und Metastasen bildet. Bioinformatik und künstliche Intelligenz können eine grundlegende Hilfe leisten, wie die in der Zeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie des Teams von Andrea Alimonti, Leiter der Gruppe für molekulare Onkologie am Onkologischen Forschungsinstitut (IOR - Istituto Oncologico di Ricerca) in Bellinzona und Dozent an der Università della Svizzera Italiana (USI), zeigt. 

Schau in die Galerie Schau in die Galerie Andrea Alimonti, Leiter des Labors für molekulare Onkologie am Onkologischen Forschungsinstitut
Foto di Marian Duven Schau in die Galerie (5 foto)

«Viele der aktuellen Chemo- und Strahlentherapien können nicht alle Krebszellen töten: Einige altern nur und werden seneszent, können sich also trotz Stoffwechselaktivität nicht mehr vermehren», erklärt Alimonti. «Dieser Effekt kann zunächst nützlich sein, weil er das Tumorwachstum stoppt, aber auf lange Sicht kann er zu ernsthaften Problemen führen: Wenn die seneszenten Zellen nicht umgehend vom Immunsystem entfernt werden, können sie Signalmoleküle produzieren, die die umliegenden Zellen zur Migration und Streuung an sekundäre Stellen anregen». So bilden sich Metastasen, die schätzungsweise für 90 % der Todesfälle bei Krebspatienten verantwortlich sind.

Im vergangenen Jahr zeigte das Forschungsteam von Alimonti, dass es möglich ist, diese Zeitbombe mit einem Medikament (Navitoclax) zu entschärfen, das in der Lage ist, BCL-2 zu hemmen, ein „lebensrettendes“ Protein, das der von der Krebstherapie betroffenen Zelle den Suizid (Apoptose) erspart. Mit der Zeit haben die Forscher des IOR jedoch herausgefunden, dass das Medikament nur bei bestimmten Tumorarten teilweise wirksam ist und aufgrund seiner Unspezifität Nebenwirkungen hervorrufen kann. «Wir haben verstanden, dass BCL-2 nicht das am besten geeignete Ziel ist, da es von weniger als 50 % der seneszenten Zellen zum Ausdruck kommt, die eine viel vielfältigere Population darstellen, als wir dachten», betont Martina Troiani, Biomedizintechnikerin (eine der ersten jungen Forscherinnen, die diese Rolle am IOR ausüben) und Doktorandin im Labor von Alimonti.

Um dieses Spiel „Wer ist es?“ gegen den Tumor zu gewinnen, war es also notwendig, weitere Merkmale zu finden, die wirklich einzigartig sind, um senseszente Zellen zu definieren. Um das Rätsel zu lösen, haben die Forscher des IOR nacheinander mehr als 4.000 Prostatakrebszellen analysiert, um zu sehen, welche Proteine sie ausdrückten. Die Entwicklung dieser besonderen Art von Analyse wurde in Zusammenarbeit mit der Gruppe von Pietro Cippà am Ente Ospedaliero Cantonale (EOC) und der von Marco Bolis am IOR und am Institut für pharmakologische Forschung Mario Negri in Mailand durchgeführt.

Die enorme Menge an produzierten Daten (dank der Sequenzierungstechnik der Boten-RNA in Einzelzellen, scRNA-seq) wurde einem System der künstlichen Intelligenz zugeführt und so ein Algorithmus entwickelt, der in der Lage ist, das Identikit der seneszenten Krebszellen zu definieren. Dieser Ansatz hat beispiellose Möglichkeiten geschaffen, diese Zellen zu beschreiben und zu charakterisieren und die Identifizierung ihrer Schwächen erleichtert. «Wir haben ungefähr fünfzig Proteine begutachtet, die auf irgendeine Weise mit dem programmierten Zelltod in Verbindung standen», erzählt Troiani. «Zwölf davon wurden mit der Seneszenz in Verbindung gebracht, aber nur eines, das MCL-1 Protein wurde in den meisten gealterten Krebszellen in höheren Mengen ausgedrückt». Seine Funktion ist ähnlich der von BCL-2, aber seine Spezifität ist entschieden überlegen: Dieses Ziel zu treffen bedeutet grössere Garantien für Wirksamkeit und Sicherheit.

«Wir wussten, dass MCL-1 ein in der wissenschaftlichen Literatur bereits bekanntes Ziel war, da es mit dem Überleben von Myelomzellen in Verbindung steht», erläutert Manuel Colucci, Biologe und Doktorand im Labor von Alimonti. «Wir haben daher versucht, es pharmakologisch mit drei verschiedenen Molekülen zu hemmen, eines davon ist ein Inhibitor, der gegen Leukämie an Menschen getestet werden wird». Ermutigt durch die ersten Tests an im Reagenzglas gezüchteten Prostatakrebszellen versuchten die Forscher auch, das MCL-1-Gen direkt „auszuschalten“, was zum Tod der seneszenten Zellen führte. «So sind wir dazu übergegangen das Mausmodell zu erforschen, also Mäuse, denen menschliche Krebszellen injiziert wurden», fährt Colucci fort. «Diese Tiere, die mit Chemotherapeutika (Taxanen) behandelt wurden, reagierten zunächst gut, entwickelten dann aber, wie viele Patienten, Rezidive». Also haben wir versucht, die Therapie gegen seneszente Zellen hinzuzufügen und den Inhibitor von BCL-2 mit dem von MCL-1 zu vergleichen: Aus den Ergebnissen ist hervorgegangen, dass die beiden Medikamente das Tumorwachstum auf die gleiche Weise hemmen, aber der Inhibitor von MCL-1 reduziert das Risiko, Metastasen zu entwickeln, um das Fünffache im Vergleich zu dem für BCL-2».

Dieser Erfolg könnte die Erprobung des Medikaments als adjuvante Therapie gegen Prostatakrebs beschleunigen, aber nicht nur das. «Wir beabsichtigen, unseren Algorithmus für künstliche Intelligenz weiter zu verfeinern, um ihn auf andere Kresbarten anzuwenden, um ihre Schwachstellen zu entdecken. Ein solches Forschungsinstrument - schliesst Troiani ab - könnte sich als unschätzbar erweisen, um die Ansammlung seneszenter Zellen auch bei altersbedingten Krankheiten zu bekämpfen».

 

   
 
   
 

 

 

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Alterung
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Bioinformatik
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IOR
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Prostata
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Rezidiven
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Seneszenz
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Tumore
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