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Der beste Algorithmus? Nicht unbedingt der Fehlerfreie

Freitag, 28. Mai 2021 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana

Gespräch mit Fabrizio Grandoni (IDSIA USI-SUPSI). Vor wenigen Wochen wurde er in den Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds, der zu den renommiertesten Schweizer Forschungsinstituten zählt, berufen
von Agnese Codignola

Vor wenigen Wochen wurde Fabrizio Grandoni in den Forschungsrat des Schweizerischen Nationalfonds, der zu den renommiertesten Schweizer Forschungsinstituten zählt, von dem die Verteilung hoher Summen aus dem Fonds und die generelle Richtung der nationalen Forschung abhängen, berufen. Grandoni ist zuständig für die Projekte im Bereich der Theoretischen Informatik. Ein grossartiges Ergebnis nach weiteren Erfolgen und Auszeichnungen, die er in den letzten Jahren dank seiner Forschungsarbeit erhalten hat. Darunter sind prestigeträchtige internationale Preise und grosszügige europäische und schweizerische Fördermittel. Grandoni ist ein Ingenieur: Im Jahr 2000 machte er seinen Abschluss an der Università di Roma Tor Vergata, wo er im Anschluss auch sein Doktorat absolvierte. Seither begann er mit einer Phase der Spezialisierungen an namhaften europäischen und amerikanischen Universitäten und Forschungszentren, darunter das Max-Planck-Institut in Saarbrücken und die TU Berlin in Deutschland, die Universität Bergen in Norwegen, die University of California, Berkeley und die Eidgenössische Technische Hochschule Lausanne. Schliesslich kam er ans Dalle-Molle-Forschungsinstituts für Künstliche Intelligenz USI-SUPSI (IDSIA), zunächst als Forscher, heute als Inhaber des Lehrstuhls für Approximationsalgorithmen. Am IDSIA leitet Grandoni ein kleines Forschungsteam, das aus dem Schweizerischen Nationalfonds finanziert wird.

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Aber womit genau befasst sich Grandoni? «Es handelt sich um Grundlagenforschung, – wie er erläutert – die einen Grenzbereich zwischen der Mathematik und Informatik bildet. Das ein- und dasselbe wissenschaftliche Rechenproblem lässt sich auf mitunter überraschende und originelle Weise mit verschiedenen Algorithmen lösen. Ich befasse mich mit der Entwicklung neuer Algorithmen und mit dem mathematischen Nachweis, dass sie besser sind als die bereits bekannten. Es ist ein bisschen wie der Weg von A nach B auf einer Landkarte: Es kann alternative Strecken geben, die man nicht alle auf den ersten Blick erkennt. In dieser Metapher bin ich ein Entdecker und die Mathematik ist mein Kompass».Diesbezüglich hat sich Grandoni vor allem mit den Approximationsalgorithmen befasst: «Für einige Probleme – erklärt er – lassen sich selbst mit den stärksten Hochleistungsrechnern nicht immer optimale Lösungen in einem angemessenen Zeitraum finden. In solchen Fällen ist es sinnvoll, eine Lösung zu suchen, die sich dem Optimum annähert, und zwar mit einer mathematisch garantierten Fehlermarge. Ich bemühe mich, diese Marge so weit wie möglich zu reduzieren». 

Obwohl Grandonis Forschung zum Grossteil theoretisch ist, ist sie durch konkrete Anwendungen motiviert. Grandoni selbst nennt ein paar Beispiele aus den zahlreichen, von ihm untersuchten Bereichen: «Stellen wir uns vor, wir müssen ein Strassen- oder öffentliches Verkehrsnetz planen. Die Nutzer möchten trotz Störungen oder Unfällen auf ihrer Strecke schnell an ihren Zielort gelangen. Also müssen wir ein robustes Netzwerk mit alternativen Strecken planen, zugleich aber die Bau- und Betriebskosten begrenzen. Das gleiche Szenario hat man in Netzwerken anderer Art, zum Beispiel Telekommunikations- und Stromnetze, Kundenservicenetzwerke, usw. Die Algorithmen können uns helfen, den besten Kompromiss zwischen robustem Aufbau und Kosten zu finden. Oder beinahe, also approximativ».
Dabei beschränken sich Grandonis Interessen nicht allein auf Netzwerke: «Nehmen wir an, – erläutert er – wir sollen einige Prozesse ausführen, von denen jeder eine gewisse Zeit und gewisse Ressourcen beansprucht. Die Arbeitslast muss präzise verteilt werden, um das System nicht zu überlasten oder die Kosten zu senken. Denken wir beispielsweise an die Gebäudeautomation: Einige Haushaltsgeräte können zu unterschiedlichen Tageszeiten mit unterschiedlichen Tarifen aktiviert werden, wobei die verfügbare Stromleistung nicht überschritten werden darf. Was heute für einzelne Haushalte möglich ist, kann man in Zukunft auf ganze Städte anwenden».

Grandoni ist auch Dozent am Dipartimento tecnologie innovative (Abteilung für innovative Technologien) der SUPSI: «Ich befasse mit fortgeschrittenen Kursen in kleinen Klassen, – erzählt er – dadurch kann ich den Studenten individuell folgen. Ich versuche, meinen Studenten die Leidenschaft für meine Themen zu vermitteln, auch wenn viele sie für schwierig erachten. Durch den Onlineunterricht, zu dem wir pandemiebedingt gezwungen sind, musste ich meine Stunden revolutionieren, wobei ich vom Dozenten-Supportteam der SUPSI unterstützt wurde: Jetzt verbringe ich den Grossteil des Unterrichts mit Übungen, Überlegungen, Ideen, der Theorieteil erfolgt anhand von aufgenommenen Lektionen, die sich jeder Student beliebig oft ansehen kann. Das wird auch nach der hoffentlich baldigen Rückkehr zum Präsenzunterricht auf meine Stunden auswirken». Auch in der Didaktik geht man auf gewisse Weise approximativ vor, indem man sich um eine laufende Verbesserung im Unterrichten eines lebendigen Fachs, das sich kontinuierlich weiterentwickelt, bemüht». 

Grandonis Arbeit als Dozent und Forscher wird von gesamten Universitätssystem gefördert, wie er selbst erwähnt hat: «In der Schweiz habe ich ein meritokratisches, gut finanziertes Berufsumfeld mit effizienter Bürokratie und Verwaltung vorgefunden. Das ist eine wesentliche Voraussetzung für optimales Arbeiten. Ich hoffe, dass die Schweiz und insbesondere der Tessin die Forschung, auch die Grundlagenforschung, weiterhin unterstützen, wie sie es bisher auf hervorragende Weise getan haben».

Die Algorithmen spielen im täglichen Leben eine wesentliche Rolle, mit zahlreichen und vielfältigen Anwendungen. Auch wenn sie manchmal als etwas Beängstigendes dargestellt werden, dem man misstrauen sollte, haben sie dem realen Leben in unzähligen Bereichen zu Riesenschritten verholfen und sind heute nicht mehr wegzudenken. Es ist die entscheidende Mission von Leuten wie Grandoni, immer höher entwickelte Algorithmen in den Dienst unserer Gesellschaft zu stellen. 


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