STUDIE IN «NATURE»

Von New York nach Bellinzona, Jagd auf die Antikörper, um Covid-19 zu stoppen

Montag, 5. Oktober 2020 ca. 4 Minuten lesen In lingua italiana
Davide Robbiani
Davide Robbiani

Gespräch mit Davide Robbiani, dem neuen Leiter des Forschungsinstituts für Biomedizin, der nach 20 Jahren in den USA (davon 15 an der Rockefeller University) in den Tessin zurückgekehrt ist. In Zukunft Immunologie, aber auch Onkologie
von Michela Perrone

Nach 20 Jahren in den USA hat Davide Robbiani ein One-Way-Ticket für den Kanton Tessin gebucht und die Stelle als Leiter des Forschungsinstituts für Biomedizin (IRB) in Bellinzona angenommen. Seit dem 1. August hat Robbiani die Stelle inne, die lange Zeit Antonio Lanzavecchia bekleidete, die Person, der es gelungen ist, das IRB international konkurrenzfähig zu machen. «Ich spüre die grosse Verantwortung, die mit diesem Vermächtnis einhergeht – kommentiert Robbiani. – Sein heutiges Ansehen hat das Institut zum Grossteil dem scheidenden Leiter zu verdanken. Ich werde versuchen, meine Erfahrungen aus meiner amerikanischen Zeit in den Kanton Tessin zu bringen».

Nach dem Doktorat in Medizin in Bern und einem weiteren Doktorat an der Cornell University ging Robbiani 2005 an die Rockefeller University in New York, wo er bis diesen Sommer blieb. Kurz vor seiner Abreise vom amerikanischen Institut hat er im wissenschaftlichen Magazin Nature eine wichtige Studie veröffentlicht, die auf Blutproben von Personen basiert, die an Covid-19 erkrankt waren. «Unser Labor befasste sich mit neu auftretenden Krankheiten und seit Januar bereiteten wir uns vor, dieses neue Virus untersuchen zu können, sobald es in den USA auftauchte – erzählt der Immunologe. – Im April konnten wird bei rund 150 Personen Blutentnahmen und -untersuchungen durchführen und entdeckten dabei, dass ein sehr geringer Anteil Menschen optimal auf das Virus reagiert und eine grosse Menge Antikörper mit neutralisierender Fähigkeit bildet».

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Robbiani und Kollegen haben also die molekulare Zusammensetzung dieser Antikörper untersucht und herausgefunden, dass einige von ihnen bei unterschiedlichen Personen sehr ähnlich waren. «Etwas derartiges – erklärt er – hatten wir so noch nie gesehen: ein unerwartetes, überraschendes Ergebnis». Die Entdeckung ist für die Entwicklung eines Impfstoffes so wichtig, denn man kann ihn so anlegen, dass er speziell diese so wirksamen Antikörper zuführt.

Dieses Wissen hat Robbiani mit ans IRB gebracht und die Studien werden auch in Bellinzona fortgeführt: «Unsere Arbeit an einigen dieser Antikörper geht weiter – sagt er. – Die ersten klinischen Versuchsreihen beginnen bis Ende des Jahres». Ausserdem arbeiten die Forscher am IRB an der Optimierung dieser Antikörper, um der Fähigkeit des Virus, eine Resistenz gegen den Antikörper zu entwickeln, entgegenzuwirken. Das Coronavirus ist nämlich in der Lage, in Präsenz eines Antikörpers zu mutieren und gegen die Monotherapie resistent zu sein. Man braucht also optimierte Antikörper-Kombinationen. «Diese Forschung – fügt er hinzu – sind Teil des Projekts ATAC, sprich Antibody Therapy Against Coronavirus, und wird aus europäischen Mitteln finanziert».

Robbiani verliess die Schweiz vor mehr als 20 Jahren: «Meinen Entschluss, ins Ausland zu gehen, fasste ich während des Medizinstudiums – erzählt er. – Damals war ein Forschungsaufenthalt in den USA ein „Muss“ und ich habe mich in dieser Zeit sehr wohl gefühlt». Die Erfahrung in Amerika hat es Robbiani ermöglicht, Beziehungen zu knüpfen, die sich für das Wachstum der Biomedizin im Tessin sicherlich als hilfreich erweisen werden. «Was ich in diesen Jahren gelernt habe, soll nun fruchten. Insbesondere im Hinblick auf neu auftretende Krankheiten funktioniert die Forschung international und wir haben Kooperationen in aller Welt».

Was die künftige Ausrichtung des Instituts anbelangt, erklärt Robbiani: «Innerhalb von zwanzig Jahren ist es dem IRB gelungen, sich einen internationalen Ruf aufzubauen, insbesondere im Bereich der humanen Immunologie. Das ist das tragende Thema des Instituts und wird es auch weiterhin bleiben, aber wir sind offen für die Entdeckung anderer Bereiche, insbesondere derer, die Auswirkungen auf die Medizin haben können». Unter den bereits laufenden Aktivitäten nennt Robbiani die Erforschung seltener Krankheiten sowie einige Basisstudien im Bereich der Onkologie.

In der Schweiz gibt es viele Spitzenzentren und es wird schwierig für das IRB sein, die errungene Vorrangstellung behaupten zu können. «Sicherlich eine grosse Herausforderung – räumt Robbiani ein. – Aber das ist genau einer der Gründe für meine Rückkehr, es ist bereits ein hohes Niveau vorhanden, gleichzeitig gibt es Wachstumspotential. Es tut sich etwas im Tessin, und das kann der Forschung nur zugutekommen».

Neben der Vernetzung mit anderen ähnlichen Forschungszentren ist das IRB auch eine Zweigstelle der USI, der Università della Svizzera italiana, an der soeben der Master-Studiengang in Medizin angelaufen ist. «Das IRB – sagt er – bietet den Medizinstudenten der USI die Möglichkeit, eine experimentelle Masterarbeit zu schreiben. Das kann für die Studenten, die sich für die Forschung interessieren, eine Chance sein». Auf die Frage, ob ihm etwas von seiner amerikanischen Erfahrung fehlt, lächelt Robbiani: «Darauf komme ich in einem Jahr zurück, bisher war ich zu beschäftigt, um darüber nachzudenken».

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