seltene krankheiten

„Tessiner“ Projekt in Lausanne
zur Beschleunigung der
Erforschung neuer Medikamentemalattie rare

Samstag, 6. November 2021 ca. 6 Minuten lesen In lingua italiana

Das von Davide Städler und Olivier Menzel gegründete RE(ACT) Discovery Institute wurde präsentiert. Es hat seinen Sitz im Biopôle in Epalinges und wird mit anderen Instituten zusammenarbeiten
von Monica Nardone

Die Identifizierung der vielversprechendsten Forschungsprojekte zur Behandlung seltener Erkrankungen und Beschleunigung der damit verbundenen Medikamentenentwicklung: Das sind die Ziele des gemeinnützigen Instituts RE(ACT) Discovery Institute, das auf Initiative von zwei Tessiner Forschern – dem Pharmakologen Davide Städler und dem Genetiker Olivier Menzel – gegründet wurde und seinen Sitz am Biopôle, dem Campus für Biowissenschaften in Epalinges bei Lausanne, hat. Das Institut ist jedoch offen für Kooperationen mit anderen Schweizer Instituten und Zentren für seltene Erkrankungen. «Es besteht zum Beispiel in den letzten Phasen der Medikamentenentwicklung, in denen die Medikamente an Patienten erprobt werden, die Möglichkeit, mit einer Tessiner Einrichtung wie dem Zentrum für seltene Erkrankungen Centro Malattie Rare della Svizzera Italiana (CMRSI) zusammenzuarbeiten», erklärt Menzel, Generaldirektor des RE(ACT) Discovery Institute sowie Präsident und Gründer der Schweizer Stiftung BLACKSWAN.

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Das RE(ACT) Discovery Institute gehört zur Stiftung BLACKSWAN, die sich seit 11 Jahren für die Erforschung seltener Erkrankungen einsetzt, und wurde auf der Grundlage von Menzels Erfahrungen in diesem Bereich gegründet. «Seit ihrer Gründung hat die BLACKSWAN-Stiftung verschiedenste Forschungsprojekte und Initiativen unterstützt, mit dem Ziel, die Begegnung von Wissenschaftlern, die Entwicklung von Kooperationen, den Austausch von wissenschaftlichem Know-how sowie die Umsetzung von Projekten aus dem Bereich der seltenen Erkrankungen in Therapien zu fördern», erklärt der Forscher. Menzel und seine Mitarbeiter erkannten, dass noch etwas fehlte: «Wir haben festgestellt – so Menzel –, dass die Projekte zumeist ihren akademischen Charakter beibehielten, da es zwischen der Akademie und dem Tresen der Apotheken, über den die Medikamente für die Patienten gereicht werden, eine Lücke zu schliessen gibt: Es fehlt nämlich der eigentliche Prozess der Entdeckung und Entwicklung des Medikaments.» Dies ist darauf zurückzuführen, dass es im Hinblick auf seltene Erkrankungen «zwar Fördermittel für Forschungsprojekte, aber nur wenige für den Entwicklungsprozess von Medikamenten gibt», wie Menzel erklärt. Genauer gesagt «fehlt es an Geldern, Wissen und Kenntnissen, die nötig sind, um diese Projekte auf ein ausreichend ausgereiftes Niveau zu bringen und so das Interesse der Pharmaindustrie zu wecken. Und so kamen wir auf die Idee, jene Projekte, die normalerweise einen Punkt erreichen, an dem sie nicht mehr vorankommen, weiterzuentwickeln und auszuarbeiten.» Angesichts der keineswegs geringen Zahl der Patienten mit einer seltenen Erkrankung ist eine derartige Situation schlicht und einfach inakzeptabel. Im Durchschnitt sind 7 % der Bevölkerung von diesen Krankheiten betroffen, was weltweit 500 Millionen Menschen, in der Schweiz 500.000 und im Tessin 25.000 Menschen entspricht. «Diese Zahlen – fügt Menzel hinzu – stellen ein dringendes Problem für die öffentliche Gesundheit und somit eine absolute Forschungspriorität dar.»

Deshalb zielt das RE(ACT) Discovery Institute darauf ab, die Forschung im Bereich der Entwicklung von Therapien zu beschleunigen, damit Labors mit Spitzentechnologie potenzielle Behandlungen und Diagnoseinstrumente für seltene Erkrankungen entwickeln können. Das Institut wird für seine Forschungsaktivitäten über keine eigene Ausrüstung verfügen, sondern sieht ein Outsourcing vor. Aus diesem Grund setzt es zudem auf den Aufbau von Partnerschaften mit nationalen und internationalen Universitäten und Technologieinstituten sowie mit Krankenhäusern, Forschungsinstituten, Stiftungen und Patientenorganisationen.

Für Davide Städler, Geschäftsführer von RE(ACT), «besteht die Herausforderung für das Institut darin, jene Projekte zu identifizieren, die am vielversprechendsten und zugleich von grosser sozialer Bedeutung sind». Eines der Probleme im Zusammenhang mit seltenen Erkrankungen stellen die sehr hohen Kosten einiger Behandlungen dar, die darauf zurückzuführen sind, dass nur wenige Patienten sie benötigen. «Wir sind jedoch nicht an der Investitionsrendite interessiert», bemerkt Städler. «Wir könnten uns zum Beispiel auch Projekten widmen, die nur einer geringen Zahl von Patienten eine Behandlung bieten.» Städler spricht auch von einer intellektuellen Herausforderung: «Die Auseinandersetzung mit seltenen Erkrankungen – so der Forscher – setzt ein sehr hohes wissenschaftliches Niveau sowie den Einsatz neuer Technologien voraus. Darüber hinaus führt die Erforschung seltener Erkrankungen zu Entdeckungen mit potenziellen direkten Auswirkungen auf eine besonders vulnerable Bevölkerungsgruppe, nämlich die der Kinder. Folglich hat dieses Abenteuer auch einen beträchtlichen Nutzen für die Menschen, da nur wenige Jahre Forschungsarbeit für viele Familien ausschlaggebend sein können.»

Zur Erreichung seiner Ziele benötigt das neu gegründete Institut jedoch Fördermittel, und zwar von zweierlei Art, wie die beiden Forscher erklären: «Erstens Spenden von Privatpersonen und/oder Unternehmen, die das Institut und dessen Mission unterstützen möchten (mit diesen Beträgen werden vor allem Fixkosten gedeckt und ausgewählte Projekte gestartet); und zweitens Schenkungen und/oder Investitionen philanthropischer Investoren, die ein Projekt des Instituts unterstützen. Zu den Spendern zählen zum Beispiel Einzelpersonen, die für Krankheiten, die im Rahmen eines bestimmten Projektes untersucht werden, sensibilisiert sind sowie Risikokapitalgeber und Patientenorganisationen, die am Fortschritt der Erforschung ihrer Krankheit interessiert sind.»
Darüber hinaus ist das Institut bestrebt, vielversprechende Projekte voranzutreiben, um sie gegen Entgelt an die Pharmaindustrie weiterzugeben, die allerdings verpflichtet ist, bei der Entwicklung des Medikaments den gemeinnützigen Charakter des Projekts zu wahren: «Im RE(ACT) Discovery Institute werden keine Dividenden ausgeschüttet. Selbstverständlich – so die Forscher abschliessend – sollen Einnahmen erzielt werden, um weitere Projekte des Instituts zu finanzieren oder die Kosten von Projekten zu decken, die zwar aus wirtschaftlicher Sicht nicht rentabel sind, aber einer kleinen Gruppe von Menschen eine therapeutische Lösung bieten. Die Idee dahinter ist, dass 100 % der Einnahmen wieder in das Institut investiert werden

Auf dem Foto oben (Agentur Shutterstock) ein Modell der DNA-Doppelhelix.


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