So übersetzen Sie Wissenschaft

Nur 6 Schweizer Verlagsgruppen haben eine Wissenschaftsredaktion

Sonntag, 12. Juni 2022 ca. 4 Minuten lesen In lingua italiana

von Valeria Camia

 

Siebzig. Seit 2003 sind viele Zeitungen in der Schweiz „verschwunden“, erinnerte die Bundesrätin Simonetta Sommaruga während einer Pressekonferenz in Bern.
Alle Departements leiden darunter, von der Politik bis zur Wirtschaft, vom Sport bis zur Kultur und Wissenschaft. Vor allem letztere leidet sehr darunter. Auch der im vergangenen September veröffentlichte Bericht zum Wissenschaftsjournalismus der Schweizer Akademien der Wissenschaften beschäftigte sich mit dem Rückgang der Schweizer Medien, die noch über Wissenschaftsredaktionen oder Journalisten verfügen, die sich ausschliesslich mit Wissenschaft befassen. Die Wissenschaftsabteilungen sind mit am stärksten von Kürzungen im Medienbereich betroffen - heisst es in dem Bericht - während die Zahl der Wissenschaftsjournalisten, die mit Teilverträgen oder als externe Mitarbeiter und damit prekär eingestellt werden, zunehmen. 

Für Raffael Schuppisser, seit 2019 Chefredakteur der Abteilung Kultur und Wissenschaft des Unternehmens CH Media, sind die Daten des Berichts keine grosse Überraschung. Man schaue sich nur an, was sich in den letzten Jahren getan hat: Die Zeitungen in der Schweiz haben die Seiten für Innen- und Aussenpolitik, Kultur und Sport erweitert, investieren jedoch weiterhin immer weniger in Seiten, die der Wissenschaft gewidmet sind. In der Tat gehörten wissenschaftliche Bereiche zu den ersten, die in nicht spezialisierten Tageszeitungen und Zeitschriften gestrichen wurden. Paradox, wenn man bedenkt, wie die Covid-19-Pandemie stattdessen das allgemeine Interesse an Entdeckungen im biomedizinischen Bereich gesteigert hat, wie Schuppisser selbst betont. Die derzeit von Verlagen häufig gewählte „Lösung“, um die wissenschaftlichen Nachrichten in den Schweizer Papiermedien am Leben zu erhalten, ist der Zusammenschluss von Zeitungen und Redaktionen. Und das war auch bei CH Media der Fall, ein Medienunternehmen, das 2018 als Joint Venture der NZZ-Mediengruppe und der AZ Medien entstand. Heute ist CH Media neben „Le Temps“, „Neue Zürcher Zeitung“ und „NZZ am Sonntag“, „Republik“, „TX Group“ und dem öffentlich-rechtlichen Sender „SRG“ eines der wenigen Schweizer Medienunternehmen mit einem Wissenschaftsabteilung.

«Um die Verlagskrise zu bewältigen - bestätigt Schuppisser - haben wir uns entschieden, unsere Kräfte zu vereinen. Das Ergebnis ist heute, dass CH Media, während andere kürzen, den gegenteiligen Trend verfolgen kann. Einzustellen. Die Wissenschaftsredaktion von CH Media zählt heute drei Journalisten mit einer spezifischen Ausbildung in jeweils unterschiedlichen Wissenschaftszweigen. Sie arbeiten Vollzeit und stehen in ständiger Verbindung mit den anderen Redaktionen, denn einige Nachrichten haben Auswirkungen, die den medizinischen/wissenschaftlichen und gleichzeitig den politischen, sozialen und wirtschaftlichen Bereich betreffen (denken wir nur an 5G, Klimawandel, Verringerung der Biodiversität und natürlich an die Covid-19-Pandemie)».
Natürlich sind drei Wissenschaftsjournalisten nicht viele... Für Schuppisser könnte man die Redaktion natürlich immer erweitern, aber Fakt ist, dass «man nicht immer ein Fachwissenschaftler sein muss, um über Wissenschaft zu schreiben». Natürlich ist es hilfreich und wichtig, das Fach, über das man schreibt, zu kennen, ausgehend vom Verständnis seiner Methode, aber von Wissenschaftsjournalisten wird auch Neugier und Interesse erwartet, „Fragen zu stellen“, Quellen zu konsultieren und somit Artikel auf der Grundlage von Fakten zu schreiben, die objektiv geprüft und präsentiert werden. Vor allem in der Zeit des Coronavirus - so Schuppisser weiter - haben wir die Grenzen einer zu alarmisierenden oder im Gegenteil leugnenden Kommunikation gesehen. Das ist kein Journalismus». Gerade während der Pandemie - betont Schuppisser - intensivierten die verschiedenen Redaktionen von CH Media den Austausch und die Zusammenarbeit, um umfassende, genaue und facettenreiche Informationen über das Virus zu geben.

Diese Aufmerksamkeit ist auch besonders wichtig, um den Herausforderungen zu begegnen, die sich aus der Entwicklung der digitalen Medien ergeben, und um das Desinformationsphänomen einzudämmen, das allen als die Welt der Fake-News bekannt ist. Internet hat das Konzept der Aktualität verändert und die Redaktionen konkurieren darum, Informationen so schnell wie möglich bereitzustellen. In der multimedialen Welt von heute ist es üblich, „alternative“ und falsche Darstellungen der Wissenschaft zu finden, die von Bürgern, Verbrauchern und Interessengruppen in Blogs, Chats, Websites und sozialen Netzwerken verbreitet werden. «CH Media - schliesst Schuppisser ab - versucht mit seiner Redaktion aus wissenschaftlichen Fachleuten und durch die Vereinigung der Ressourcen mehrerer Mediengruppen, auf diese Disinformation mit neuen Technologien zu antworten und sie als Gelegenheit zu nutzen, enger mit der Öffentlichkeit in Kontakt zu treten».
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(Auf dem Foto, Raffael Schuppisser)