neurowissenschaften

So stört die nächtliche Apnoe die kognitive Entwicklung der Kinder

Dienstag, 21. Januar 2020 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana

Schulung am 13. Februar in Manno über Schlafstörungen bei Kindern mit Down-Syndrom, organisiert von der Associazione Progetto Avventuno. Mit dabei auch Silvia Miano, Forscherin des Neurocentro
von Monica Induni-Pianezzi

Können Schlafstörungen bei Kindern ihre kognitive Entwicklung auf irgendeine Weise beeinträchtigen und weitere Probleme verursachen? Mit diesen Themen befasst sich seit vielen Jahren Silvia Miano, Oberärztin und Forscherin am Schlafzentrum des Neurocentro della Svizzera italiana, das dem Zusammenhang zwischen Schlaf und verschiedenen Arten Nerven- und Verhaltensstörungen Heranwachsender mehrere Studien gewidmet hat (die letzte ist vor wenigen Wochen in der wissenschaftlichen Zeitschrift Sleep erschienen). Am kommenden 13. Februar nimmt sich Doktor Miano während einer Schulung in Manno, im Auditorium Suglio, ausgetragen durch den Verband Progetto Avventuno, eines wichtigen und nur wenig erforschten Themas an: Die Auswirkungen der nächtlichen Apnoe (also wiederholte Atemaussetzer während des Schlafes) bei Kindern mit Down-Syndrom. An dem Termin, der in Kooperation mit dem Kinderärzteverband der italienischen Schweiz und mit der Unterstützung des Ente Ospedaliero Cantonale sowie der T21 Research Society organisiert wird, wird auch Doktor Claudine Gysin, Leiterin der HNO-Abteilung im Kinderspital Zürich teilnehmen. Titel des Kurses: «Update Trisomie 21: Obstruktive Schlaf-Apnoe und HNO-Spezifität».

Das Thema ist, wie bereits erwähnt, relativ wenig erforscht, auch wenn generell viele Daten über Schlafkrankheiten im Kindesalter vorliegen. Man weiss beispielsweise, dass circa 20% der pädiatrischen Bevölkerung daran leidet und dass die Inzidenz bei vorliegender kognitiver Behinderung bis auf 50% steigt. Schlaflosigkeit, Parasomnie, Bewegungsstörungen und andere Probleme können die Schlafqualität der Kleinsten mindern. Und dann gibt es die obstruktive Schlaf-Apnoe (abgekürzt OSA), die häufig mit Atembeschwerden der oberen Atemwege verbunden und besonders gängig bei der pädiatrischen Bevölkerung mit Down-Syndrom ist: In der wissenschaftlichen Literatur variieren die Angaben zur Inzidenz zwischen 30% und 80% (in der Bevölkerung mit typischer Entwicklung liegt sie nur bei rund 1%).

«Auch wenn die Daten bezüglich der OSA-Inzidenz bei Personen mit diesem Gendefekt nicht einheitlich sind – erläutert Doktor Miano – gibt es verschiedenen Faktoren, die sie wahrscheinlich machen. Die morphologischen Gesichtsmerkmale, die Hypertrophie einiger Gewebe, eine verhältnismässig grosse Zunge und ein generell geringerer Muskeltonus können die Voraussetzungen für eine schlechte Atmung im Schlaf schaffen. Um zu wissen, ob ein Kind mit Down-Syndrom daran leidet, muss man unbedingt eine Polysomnographie vornehmen.

Zu den Empfehlungen der European Respiratory Society (ERS) in Bezug auf die obstruktive Schlaf-Apnoe im Alter zwischen 1 und 18 Jahren, an denen auch Doktor Miano mitgewirkt hat, wird der Faktor «Down-Syndrom» tatsächlich als ein Kriterium für die Vordringlichkeit von Screening, Diagnose und Behandlung genannt. Auch die Leitfäden der American Academy of Pediatrics betonen die Bedeutung, Kinder mit Down-Syndrom innerhalb der ersten vier Lebensjahre einer Schlafuntersuchung zu unterziehen. «Das ist zweifellos die richtige Anweisung – so Doktor Miano. – Die Schlafqualität ist fundamental für die Gesundheit und das psychophysische Wachstum des Kindes, und umso mehr bei vorliegender Trisomie 21 (also die Präsenz dreier anstatt zweier Chromosomen 21, die Ursache des Down-Syndroms, Anm. d. Red.). In diesen Fällen müssen wir versuchen, jeden zusätzlichen Entwicklungsnachteil auszuräumen.»

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Die Vorzüge einer aufmerksamen Annäherung an diese Empfehlungen könnten in der künftigen erwachsenen Bevölkerung der Menschen mit Down-Syndrom zu beobachten sein: «So schwierig die Durchführung auch sein mag – erklärt Doktor Miano weiter –, wäre es interessant, die Daten erwachsener Personen mit Down-Syndrom, bei denen die obstruktive Schlaf-Apnoe im heranwachsenden Alter diagnostiziert und wirkungsvoll behandelt wurde, zu vergleichen mit den Daten von Personen mit demselben Leiden, die aber diese Möglichkeit leider nicht hatten. So könnte man ausser der Überprüfung des Vorteils auf die kognitive Entwicklung feststellen, ob die Behandlung der Apnoe auch die Gefahr des kognitiven Rückschritts vermeiden oder reduzieren kann. Diese Hypothese wird zum Teil von einigen Studien wie beispielsweise von Kherandish-Gozal und anderen gestützt, die einen Zusammenhang zwischen obstruktiver Schlaf-Apnoe im Kindesalter und den erhöhten Werten in zwei spezifischen Biomarkern für Alzheimer sehen. Ein weiterer Punkt, über den man nachdenken sollte – so Doktor Miano weiter –, betrifft die Behandlung der OSA: Wenn das Entfernen der Mandeln und Adenoiden nicht ausreicht, um die Apnoe zu beheben, dann bieten wir derzeit eine mechanische Belüftung mit einem Gerät namens CPAP (Akronym für Continuous Positive Airway Pressure). In Zukunft müssen wir verstehen, wie ein multidisziplinärer Ansatz, der neben den HNO-Fachkräften und den Pneumologen auch Logopäden für die myofunktionelle Therapie sowie Zahnärzte für die Therapie mit einem Gaumenspreizer miteinbezieht, verhindern kann, dass eine Person mit Down-Syndrom das CPAP ein Leben lang im Schlaf tragen muss.»

Doktor Miano ist fest entschlossen, dazu beizutragen, den komplexen Zusammenhang zwischen Schlaf und neurologischer Entwicklung zu entschlüsseln und widmet sich heute neben der klinischen Tätigkeit, bei der sie der Massstab für Schlafstörungen im Kindesalter im Tessin ist, auch einer Studie, welche Schlafdaten von 30 Kindern in unserem Territorium auswertet, denen Aufmerksamkeitsstörungen und Hyperaktivität diagnostiziert wurden.

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