onkologie

Internationale Experten zur Enthüllung der Geheimnisse von Prostatakrebs

Freitag, 8. Oktober 2021 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana

Ein erster virtueller Tag bildete den Auftakt der von Silke Gillessen, Leiterin des IOSI, organisierten Advanced Prostate Cancer Consensus Conference. Ende April folgt in Lugano der zweite Teil in Präsenz
von Paolo Rossi Castelli

Am Samstag, den 9. Oktober, wurde die vierte Ausgabe der Advanced Prostate Cancer Consensus Conference (APCCC), einer der wichtigsten internationalen Veranstaltungen zum Thema Prostatakrebs, virtuell eröffnet. Organisiert wurde sie von Silke Gillessen Sommer, der medizinischen und wissenschaftlichen Leiterin des Onkologischen Instituts der italienischen Schweiz (IOSI) und Professorin für Onkologie an der USI. Dieser erste Veranstaltungstag wird dann im April 2022 durch einen «zweiten Teil» ergänzt, der in hybrider Form stattfinden wird bzw. einen in Lugano ausgetragenen «Präsenzkongress» vorsieht, an dem man auch online teilnehmen werden kann. Grund dafür, dass sich das Führungsgremium für diese Lösung entschieden hat, waren die Corona-Reisebeschränkungen (es ist nach wie vor schwierig, aus fernen Ländern mit dem Flugzeug anzureisen). Die Hoffnung ist, dass sich die Situation im kommenden Frühjahr bessert.

Silke Gillessen gilt im Bereich der Behandlung des Prostatakarzinoms als eine der wichtigsten Meinungsführerinnen («key opinion leader») und internationale Expertin (Prostatakrebs zählt bekanntlich als eine der vier weltweit häufigsten Krebsarten zu den sogenannten grossen Killern). Bereits 2015 rief Professorin Gillessen in St. Gallen (damals war sie am örtlichen Kantonsspital Fachärztin für Onkologie) die erste Ausgabe der zweijährlich stattfindenden APCCC ins Leben. 2017 wurde der Kongress noch in St. Gallen abgehalten, 2019 aber nach Basel verlegt. In diesem Jahr sahen sich die Veranstalter, wie schon gesagt, angesichts der Anti-Covid-Massnahmen gezwungen, sich für eine reduzierte Lösung zu entscheiden (der Kongress findet traditionell im Herbst statt). Die erwartete Teilnehmerzahl wäre hoch gewesen, wäre die Pandemie nicht dazwischengekommen: etwa tausend Menschen aus aller Welt. Für das Jahr 2023 ist vermutlich eine Rückkehr zur Normalität in Aussicht, und damit steht in Lugano neben der von Professor Franco Cavalli organisierten Tagung zum Thema maligne Lymphome eine weitere wichtige Veranstaltung im Bereich der Onkologie auf dem Programm.

«Unser Kongress – erklärt Gillessen – ist (wie der Titel schon sagt) eine Konsensuskonferenz, d. h. ein Treffen, in dessen Rahmen nicht nur neue Studien oder neue Therapien vorgestellt werden, sondern auch versucht wird, konkrete Antworten auf die unzähligen Zweifel zu finden, die angesichts der verschiedenen Arten von Prostatakarzinomen Onkologen aus aller Welt quälen. Es gibt zahlreiche wirksame Therapien und viele Leitlinien für die Behandlung dieser Krebsart (die bei den Männern die häufigste ist: Allein in der Schweiz werden jährlich 6.100 neue Fälle diagnostiziert). Doch es gibt auch viele Fälle, für die uns nicht genügend wissenschaftliche Daten über die am besten geeignete Behandlung zur Verfügung stehen, wodurch unterschiedlichen, nicht immer wirksamen Lösungen Tür und Tor geöffnet wird.»
Im ersten Teil des Programms der Konsensuskonferenz werden die von einem Fachgremium («panel») ausgewählten Themen präsentiert. Daraufhin werden die Experten gebeten, über eine Reihe sehr praktischer, von einer kleinen Gruppe von Onkologen formulierten Fragen abzustimmen, um einen «Konsens» über den besten Behandlungsansatz für bestimmte Fälle zu erzielen, für die es noch keine Fachliteratur gibt. Die Ergebnisse werden anschliessend veröffentlicht und stehen daraufhin Krankenhäusern aus aller Welt zur Verfügung. «Nicht immer werden Patienten mit Prostatakrebs von Ärzten behandelt, die über umfangreiche Erfahrung verfügen und sich ausschliesslich mit dieser Krankheit befassen», erklärt Gillessen. «In schwierig zu beurteilenden Fällen kann sich die aus den Konsensuskonferenzen hervorgehende Frage-/Antwortsammlung als äusserst nützlich erweisen, da sich das Gremium unter anderem aus Fachärzten zusammensetzt, die ausschliesslich oder hauptsächlich Prostatakrebspatienten behandeln und daher über umfangreiche Erfahrung verfügen (was von grundlegender Bedeutung ist). Wir haben weltweit keine Konkurrenz.»

Der Prostatakrebs stellt einen der Bereiche dar, in denen die Tessiner Forscher besonders aktiv sind. Das Onkologische Forschungsinstitut (Istituto Oncologico di Ricerca, IOR) sowie das Institut für biomedizinische Forschung (Istituto di Ricerca in Biomedicina, IRB) in Bellinzona haben in diesem Bereich hohes Ansehen erworben und verfügen über Labore, wie jene unter der Leitung von Andrea Alimonti oder Jean-Philippe Theurillat, die zu den besten in Europa zählen. «Ich kam wegen Alimonti, Theurillat und anderen renommierten Forschungsgruppen von Manchester, an dessen Universität ich die Forschungsgruppe für Genitourinary Cancer Systemic Therapy Research leitete, nach Bellinzona», so Professorin Gillessen abschliessend. Unsere Zusammenarbeit ist bereits erfolgreich, soll aber noch intensiviert werden.»

Auch die klinische Tätigkeit ist von hohem Wert und steht sogar Patienten ausserhalb des Tessins zur Verfügung, die unter der E-Mail-Adresse secondOpinion.IOSI@eoc.ch eine zweite Meinung einholen können (auf Anfrage erhalten sie eine zusätzliche Beurteilung, die jene des ersten behandelnden Arztes ergänzt). Falls erforderlich, treten die Experten des IOSI mit den Patienten auch «aus der Ferne» via Zoom in Kontakt, um die Dokumentation (Diagnose, durchgeführte Therapien und mögliche Alternativen) zu beurteilen und so den Patienten und ihren Angehörigen anstrengende Reisen zu ersparen.

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