Wissenschaftliche Ausbildung

Ein Team von „TecLadies”, um Mädchen an Mathematik und Informatik heranzuführen

Freitag, 9. September 2022 ca. 6 Minuten lesen In lingua italiana
Die 120 jungen Frauen, die an dem Programm Swiss TecLadies teilnehmen werden, zusammen mit ihren „Mentorinnen” während Welcome Days, der an der Technischen Hochschule Lausanne organisiert wurde (Foto SATW)
Die 120 jungen Frauen, die an dem Programm Swiss TecLadies teilnehmen werden, zusammen mit ihren „Mentorinnen” während Welcome Days, der an der Technischen Hochschule Lausanne organisiert wurde (Foto SATW)

In Begleitung von Dozenten und Unternehmerinnen werden 120 Mädchen (13 davon aus dem Tessin) einem Programm folgen, das sie näher an wissenschaftliche Berufe heranführen wird und das von der Akademie der Technischen Wissenschaften Schweiz organisiert wurde
von Monica Piccini

Die Berufe der Zukunft liegen in vier Buchstaben: MINT, bzw. Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technologie, und die Herausforderung liegt darin, dafür zu sorgen, dass auch Mädchen diese Studiengänge an der Universität besuchen (derzeit machen sie hingegen weltweit nur 35 % der eingeschriebenen Studenten aus). Um den Lauf dieser Entscheidungen zu ändern - die nach Ansicht einiger Experten von Geschlechtsstereotypen („Mädchen bevorzugen Geisteswissenschaften“) und anderen psychologischen Aspekten, vor allem dem Gefühl der Unzulänglichkeit, abhängen - gibt es eine Lösung: Sich einzubringen! Nicht nur die jungen Studentinnen, sondern auch die Eltern, die Lehrer und die Bundespolitik. Wie bei dem in diesen Tagen gestarteten Programm Swiss TecLadies, dem Ausbildungsprogramm (oder Mentoring, um den englischen Begriff zu verwenden) der Akademie der Technischen Wissenschaften Schweiz (SATW - Accademia svizzera delle scienze tecniche), das nun in seiner dritten Ausgabe zum ersten Mal auch Mädchen aus dem Tessin einbezieht. Swiss TecLadies startete am 3. September des Jahres mit einem Welcome Day an der Technischen Hochschule Lausanne, wo sich die Studentinnen („Mentee“) und die Profis („Mentorinnen“) zum ersten Mal kennengelernt haben. «Ziel des Mentoring-Programms ist es, Mädchen im Alter von 13 bis 16 Jahren den Lebensstil der Profis erleben zu lassen, indem sie Frauen mit gleichen Interessen treffen, um die Welt von morgen mitzugestalten, auch unter Berücksichtigung der grossen Nachfrage, die von der Arbeitswelt für technisch wissenschaftliche Berufe kommt», - erzählt Manuela Ingletto-Panzeri, 52 Jahre alt, mit einem Studienabschluss in Architektur an der Technischen Hochschule Zürich, Leiterin des Programms Swiss TecLadies in der italienischen Schweiz. 

Schau in die Galerie Schau in die Galerie Schau in die Galerie (6 foto)

In der Praxis: Die 120 aus der ganzen Schweiz ausgewählten Mentees (13 davon aus dem Tessin) werden in den nächsten 9 Monaten, bis Juni 2023, - sofern es die Hausaufgaben und sportlichen Verpflichtungen zulassen - von ebenso vielen erfahrenen „Führerinnen“ und Freundinnen im Rahmen einer Reihe von informellen und organisierten Treffen begleitet, im Chat, im Unternehmen, im Museum, und mindestens einmal im Monat bei TecLadies-Veranstaltungen. Einige der Mädchen werden ihre Mentorin möglicherweise zum Arbeitsplatz, wie dem Swiss Space Center, begleiten, wo die Karrieren angehender Astronauten gefördert werden, oder zum Lab IDSIA-USI SUPSI (Dalle Molle Forschungsinstitut für Künstliche Intelligenz) in Lugano, wo Studien zu hochmodernen Robotern laufen. 

PERSÖNLICHES WACHSTUM UND VERBORGENE SCHÄTZE - «Es ist auch wichtig, die Identität dieser Mädchen zu stärken - fügt Ingletto-Panzeri hinzu - indem ihre Eltern mit einbezogen werden, damit sie verborgene Talente der Töchter unterstützen». In diesem Sinne wird beispielsweise der erste Termin für die Tessiner Mentee am 12 Oktober zum Thema Persönliches Wachstum sein, in Zusammenarbeit mit Rachele Santoro, Delegierte für Chancengleichheit des Kantons, mit dem Vortrag der Mentorin Cristina Zanini Barzaghi über die Rolle der Frau in Wissenschaft und Technik. «Als ich mich vor 30 Jahren für Ingenieurwissenschaften einschrieb, kannte ich vor mir keine anderen Ingenieurinnen. Im Gegenteil, was mich zu dieser Entscheidung veranlasste, war zu hören, dass viele zu mir sagten: „Tu es nicht!“» - erzählt Zanini Barzaghi, 58 Jahre alt, Gemeinderätin in Lugano, Bauingenieurin, Präsidentin einer Frauenkooperative. «Ich habe beschlossen, Mentorin zu werden, um diesen Mädchen das zu bieten, was ich in ihrem Alter nicht hatte. Meine Mentee ist Musikerin, sie spielt Bratsche wie meine Tochter und teilt meine Leidenschaft für Mathematik. Geplant sind regelmässige Treffen ohne Zwang auf einen Imbiss oder einen Besuch auf der Baustelle. Ich würde ihr gerne das Gebäude eines Gymnasiums zeigen, das wir gerade in Mendrisio bauen, ganz aus Holz, modular und nachhaltig. Um ihr zu erzählen, wie aus einer Zeichnung Realität wird». 

EIN FRAGE DES „ROLLENVORBILDS“ - «Für den Wow-Effekt würde ich meine Mentee, Valentina, gerne in das Lab IDSIA mitnehmen, das von Andrea Rizzoli auf dem Campus USI-SUSPI, wo ich unterrichte, geleitet wird und wo der Flug von Bienenschwärmen untersucht wird, um Algorithmen zu schaffen, die bei der Organisation von Strömen und Bewegungen effizienter sind» - erzählt die Mentorin Monica Landoni, 57 Jahre alt und zwei Töchter von 16 und 21 Jahren, Titularprofessorin an der Fakultät für IT-Wissenschaften. In ihrem Curriculum: Gymnasium, Studienabschluss in Informationswissenschaften an der Universität Mailand, Doktorgrad in Informationswissenschaften an der schottischen Universität Strathclyde, wo sie dann ab 1998 unterrichtete. «Ich werde auch - so Monica Landoni weiter - einen Besuch im Ideatorio vorschlagen, dem Ideenlabor der USI, das jungen Menschen hilft, sich Wissenschaft und Technologie zu nähern, einschliesslich Informatik, meinem Fach, das ich hauptsächlich bei der Gestaltung von Benutzerschnittstellen für E-Books für Kinder im Vorschul- und Schulalter anwende».
Valentina, im vierten Jahr der Mittelschule, hat noch 4 Jahre Zeit, um sich zu entscheiden, was Sie später studieren möchte, aber mit einem begeisterten Vorbild wie Professorin Landoni, mit der sie die Leidenschaft für das Lesen teilt, wird die Wahl leichter gemacht. Eine Frage des „Rollenvorbilds“, Bezugspersonen, von denen man sich inspirieren lassen kann, um erfolgreiche Verhaltensweisen zu lernen. «Mein Vorbild war meine Mutter - erzählt Landoni weiter - die, 1937 geboren, nicht studieren konnte. Dafür las sie sehr viel und hatte auf jede Frage eine Antwort. Und vor allem, wenn sie mit einem Problem konfrontiert wurde, war ihre Position immer: „Jetzt werden wir es lösen».

Neben der Geschlechterungleichheit («an der Fakultät für Informatik in Lugano sind nur 15 % der Studenten Mädchen. Noch vor der Gleichstellung wären wir mit einem ausgewogenen Verhältnis zufrieden: 60 % Studenten, 40 % Studentinnen»), fühlen sich Mädchen weniger begabt für Informatik als ihre Klassenkameraden, also versuchen sie es gar nicht erst, mit der Gefahr, es später zu bereuen. «Denn wenn man sich mit einfacheren Studiengängen zufrieden gibt, ist es schwierig, Leidenschaft zu entwickeln» - schliesst Professorin Landoni ab, die unter anderem auch Mitglied von COST Action EUGAINist, dem europäischen Netzwerk für ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in der Informatik. «Die Idee ist die - erklärt sie - jungen Mädchen dabei zu helfen keine Angst vor dem Scheitern zu haben, denn selbst, wenn sie es probieren und scheitern, bedeutet dies nicht, dass sie als Menschen alles falsch machen».