Szenarien

Bionische Augen, Gentransplantationenund Roboter: das ist die Zukunftder Augenchirurgie

Samstag, 23. September 2023 ca. 5 Minuten lesen In lingua italiana
Ein Bild des Augenhintergrunds (Shutterstock)
Ein Bild des Augenhintergrunds (Shutterstock)

Modernste Techniken, erläutert von Oxford-Professor Robert MacLaren im Rahmen der "Lecture of the year" organisiert vom Neurocentro della Svizzera italiana mit Unterstützung der John Eccles Stiftung
von Simone Pengue

Die Chirurgie hat in den letzten Jahrzehnten grosse Fortschritte gemacht, aber es ist oft schwierig, ein Gesicht oder einen Namen mit denjenigen in Verbindung zu bringen, die den Mut hatten, noch nie dagewesene Eingriffe vorzunehmen. Einer dieser Pioniere der ophthalmologischen (d.h. augenärztlichen) Chirurgie hat vor einigen Tagen Lugano besucht. Es handelt sich um Robert MacLaren, Professor für Augenheilkunde an der Universität Oxford (Vereinigtes Königreich), der vom Neurocentro der italienischen Schweiz eingeladen wurde, um anlässlich der zwölften Ausgabe der “Lecture of the Year” seine jüngsten Innovationen vorzustellen. Neben Gentherapien und robotischen Eingriffen ging es auf der Konferenz, die gemeinsam mit der Sir John Eccles Stiftung organisiert wurde, auch um die Verwirklichung eines Traums, den die Medizin seit der Antike verfolgt: Blinden Menschen zumindest teilweise das Sehvermögen zurückzugeben.

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Um zu verstehen, wie es möglich ist (und wie schwierig), dies zu erreichen, kann man sich das menschliche Auge als Kamera vorstellen. Wenn Licht ins Auge fällt, passiert es die Pupille, den schwarzen Fleck in der Mitte, wird von der Augenlinse (Lens crystallina) gebündelt und trifft auf den hinteren Teil des Augapfels, wo das Bild entsteht. Hier sammelt die Netzhaut, genau wie der Sensor in einer Kamera, dank ihrer Fotorezeptoren das Licht und wandelt es in eine komplexe Reihe elektrischer Signale um, die über das Nervensystem das Gehirn erreichen. Wenn die Netzhaut das Licht nicht mehr gut aufnimmt, ist das Sehvermögen beeinträchtigt und fällt in den schwersten Fällen ganz aus. «Einige Patienten sind aufgrund des Verlusts der Fotorezeptoren völlig blind», erklärt Robert MacLaren, «aber es gibt die Möglichkeit, in einigen sehr ausgewählten Fällen eine elektronische Version zu “implantieren”». So hat MacLarens Team in einer futuristischen Operation einer kleinen Anzahl von Patienten einen Minisensor, ähnlich dem einer Kamera, eingesetzt. Dieses Gerät wird in der Netzhaut platziert, wo es Licht in ein elektrisches Signal umwandelt, das vom Sehnerv aufgefangen werden kann. Die Energie für das Gerät wird von einer Batterie geliefert, die sich hinter dem Ohr unter der Haut befindet. Das Verfahren wurde 2012 zum ersten Mal durchgeführt und dann bei 13 Patienten wiederholt (nur in einem Fall ohne Erfolg). Zugegeben, das Sehen mit einem "bionischen Auge" unterscheidet sich deutlich von dem, was ein gesundes Auge bieten kann, denn das Bild, das vom Sensor kommt, ist eher körnig, besteht nur aus weissen oder schwarzen Pixeln und hat eine völlig geringere Schärfe als normal. Trotzdem ermöglicht das Implantat den Menschen, Objekte grob zu erkennen und grundlegende Handlungen auszuführen, z. B. die urbane Umgebung zu analysieren, wodurch sie einen Teil ihrer Autonomie zurückgewinnen. In Zukunft, so die Experten, werden immer fortschrittlichere Techniken schrittweise verfeinerte Ergebnisse ermöglichen.

GENTHERAPIE - Die Beiträge von Professor MacLaren betreffen auch Pathologien mit progressivem Krankheitsverlauf wie Retinitis pigmentosa, eine seltene genetisch bedingte neurodegenerative Krankheit, die im Laufe der Jahre zur Deaktivierung von Fotorezeptoren führt, wodurch Flecken in der Mitte des Gesichtsfeldes entstehen, bis hin zum vollständigen Verlust des Sehvermögens in den schwersten Fällen. Das Oxforder Team hat eine experimentelle Therapie entwickelt, die dem Verlauf der Retinitis pigmentosa entgegenwirken soll, indem sie direkt in die “Betriebsanleitung” der betroffenen Zellen, die DNA, eingreift. Die Netzhaut von Menschen, die an dieser Krankheit leiden, enthält nämlich eine Reihe falscher Anweisungen, die laut MacLaren in einigen Fällen korrigiert werden können, indem “Stücke” der richtigen DNA in das Auge eingefügt werden (mit Hilfe eines entsprechend gesteuerten Virus).«Diese Behandlung», erklärt der Chirurg, «hält nicht nur die Degeneration auf, sondern kann in bestimmten Fällen auch den Zustand der Netzhaut verbessern». So futuristisch es klingt, die Therapie ist in Oxford bereits verfügbar:«Diese Gentherapie» so MacLaren, «wurde von den britischen Behörden genehmigt. Ich weiss, dass sie auch in der Schweiz verfügbar ist». 

ALTERSBEDINGTE MAKULADEGENERATION - Die Forschung des britischen Teams befasst sich auch mit der altersbedingten Makuladegeneration (auch AMD genannt), der häufigsten Netzhauterkrankung in der Schweiz. Bei AMD-Patienten “schalten” sich die Fotorezeptoren im Alter ab. Angesichts der grossen Häufigkeit dieser Krankheit, von der eine von dreissig Personen zwischen 55 und 59 Jahren und jede fünfte Person über 85 Jahren betroffen ist, investiert die Ophthalmologie viel Energie in die Suche nach einer Lösung. Die Gentherapie hat sich auch hier in Laborversuchen bewährt, ist aber noch nicht für Patienten verfügbar.

DER CHIRURGISCHE ROBOTER - Im Rahmen der “Lecture” wurde auch ein anderes zukunftsweisendes Gebiet erörtert, nämlich die Operationen mit dem chirurgischen Roboter (der bereits für den Bauch, den Brustkorb und das Gehirn eingesetzt wird) auch an der Netzhaut, was eine sehr präzise Operation ermöglicht. «Die Versuche», so MacLaren «konzentrierten sich bisher auf die Entfernung von epiretinalen Membranen, dünnen Gewebeschichten, die sich auf der Netzhaut bilden und die Sicht behindern können. Der Roboter wurde aber auch eingesetzt, um Enzyme direkt in die Netzhaut zu injizieren und so die Auswirkungen der AMD zu lindern. Dieses Verfahren erfordert eine langsame und vorsichtige Freisetzung der Lösung, um zu verhindern, dass sie sich auf andere Teile des Auges ausbreitet und dort Entzündungen verursacht: Der Roboter trägt dazu bei, die Patientensicherheit deutlich zu verbessern».