IRB

Aus der Ukraine nach Bellinzona so geht die Forschungstätigkeit mit dem Gedanken an Kiew weiter

Sonntag, 12. März 2023 ca. 3 Minuten lesen In lingua italiana

Seit einigen Tagen ist Professor Alexey Nyporko zu Gast bei der Gruppe Strukturbiologie am Institut für Biomedizinische Forschung. An der Universität Kiew, erzählt er, werde auch unter den Bomben weitergearbeitet und geforscht
von Valeria Camia

Vor wenigen Tage ist er im Kanton Tessin angekommen und wird dort bis Ende Februar bleiben, um seine Studien am Institut für Biomedizinische Forschung (IRB) in Bellinzona durchzuführen. Sein Aufenthalt in der Schweiz wurde durch die Fördermittel (grant) der Gruppe Strukturbiologie des IRB unter der Leitung von Luca Varani ermöglicht. Er spricht über eine Zoom-Verbindung mit uns; seine Augen sind wachsam, die Stimme gefasst. Ganz ungezwungen spricht er über seine Forschungsgebiete: Er ist daran interessiert, die Architektur der Proteine zu verstehen, Ketten aus kleinen Fragmenten, die zu regelmässigen räumlichen Strukturen gefaltet sind. Im Wesentlichen fügt er hinzu untersucht er, wie die „grossen“ biologischen Moleküle strukturiert sind und auf welche Weise ihre räumlichen Eigenschaften einige oder andere Zellprozesse antreiben.
Kurz gesagt, ein Interview wie viele andere, zumindest dem Anschein nach. Nur ist es nicht wirklich so. Weil „er“ eine besonders harte und schwierige Geschichte mit sich herumschleppt, mit der er wider Willen konfrontiert ist. Eine Geschichte, die
so sagt er «seit bereits einem Jahr meinen Alltag begleitet». Die Geschichte ist die des Krieges, der enorme Schäden und Verwüstungen in der Ukraine anrichtet, die von Russland angegriffen und zum Teil besetzt wird. „Er“ heisst Alexey Nyporko und bis vor ein paar Wochen lehrte er an der Universität Kiew, wo er Leiter der Abteilung für molekulare Biotechnologie und Bioinformatik ist. 

«Ich freue mich erzählt er die Möglichkeit nutzen zu können, am IRB zu arbeiten, einem Spitzenzentrum im Bereich der Struktur- und Zellbiologie». Danach fügt er hinzu: «Nicht, dass es in der Ukraine an Forschungen auf diesem Gebiet mangelt. Auch in meinem Land gibt es grosse Projekte in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Universitäten. Ich selbst habe lange Zeit mit Universitäten ausserhalb der Ukraine zusammengearbeitet, zum Beispiel mit den Kollegen der University of Western Australia. Ausserdem haben die ukrainischen Universitäten Kooperationen mit Professoren aus dem Ausland zu Gast, die ihr Know-how in die Institute des Landes einbringen und gleichzeitig von der Forschung vor Ort profitieren. Natürlich fährt Nyporko fort muss gesagt werden, dass die Zahl dieser Akademiker nicht derjenigen entspricht, die anderswo, beispielsweise an verschiedenen europäischen Universitäten, verzeichnet wird. Und es fehlen vor allem Doktoranden anderer Nationen, die nur selten die Ukraine als Ziel wählen». 

Die Verwendung der Zeitform „Gegenwart“ in den Worten des Kiewer Professors ist merkwürdig, aber nicht zufällig. Denn aus allem, was er erzählt, geht ein starkes Gefühl der Resilienz hervor. «Auch in diesen Kriegsmonaten erklärt er mit der konkreten Gefahr der Bomben, gehen meine Kollegen (und ich mit ihnen, als ich in der Ukraine war) weiter zur Universität. Die akademischen Forschungszentren bleiben geöffnet. Dort wo es möglich ist, wird Online-Unterricht aus der Ferne bevorzugt. Aber bestimmte Experimente können nur in Labors durchgeführt werden. Studenten und Dozenten geben nicht auf. Bei jedem Luftangriff gehen wir in die Bunker, aber sobald der Alarm beendet ist, kehren wir an die Arbeit zurück». Man gewöhnt sich daran. Ein Satz, den Professor Nyporko mehrmals wiederholt.

Man gewöhnt sich so sehr daran, dass man nachts sogar schlafen kann erzählt er. Klar, ein leichter Schlaf, aber «der Schlaf ist nötig, wenn man am nächsten Tag stark genug sein will, um sich dem Unterricht und dem Austausch mit Studenten und Kollegen zu stellen und Experimente durchzuführen. Dies ist mein Gedanke, aber ich glaube, dass er auch von vielen anderen Kollegen in Kiew geteilt wird».